VLB-Markierungspunkte

Vorwort Pankraz Männlein VLB-Landesvorsitzender

Vorwort Pankraz Männlein VLB-Landesvorsitzender

Die hohe Leistungsfähigkeit der beruflichen Schulen ist ein wichtiger Stabilitätsanker im deutschen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem – so auch in Bayern. Von daher ist es nur zu verständlich, wenn Bildungspolitiker und auch die politischen Parteien die hohe gesamtgesellschaftliche Bedeutung und damit verbunden die besondere Förderungswürdigkeit der beruflichen Bildung und ihrer Schulen immer wieder herausstellen. So bedeutend die beruflichen Schulen auch sind, sehen sie sich nicht erst in jüngster Zeit auch vor gewaltigen Herausforderungen, die sich schlagwortartig mit den sogenannten „3 D“ beschreiben lassen: Demografie, Digitalisierung und Dekarbonisierung. Oder um es konkreter zu machen: Es geht beispielsweise um die Überwindung des Fachkräftemangels, um curriculare, also um inhaltliche und methodisch-didaktische Antworten zu einer Bildung für die digitale Welt, sowie um eine Vorbereitung der nachwachsenden Generation auf veränderte Klima- und Umweltbedingungen.

Der Verband der Lehrkräfte an beruflichen Schulen in Bayern anerkennt – da er immer an einem konstruktiven Dialog mit allen für die berufliche Bildung relevanten Stakeholdern interessiert ist – positive Entwicklungen auf Bundes- wie Landesebene. Der VLB sieht allerdings nach wie vor erhebliche Handlungsbedarfe, damit die berufliche Bildung auch in Zukunft erfolgreich sein und ihre Aufgaben für Wirtschaft und Gesellschaft erfüllen kann. Die Leistungen, die die berufliche Bildung erbringt, können sich trotz zurückhaltender bildungspolitischer Entscheidungen sehen lassen:

Diese Erfolge, die hier nur exemplarisch angeführt werden, dokumentieren die Leistungsfähigkeit unserer Schüler:innen sowie die Leistungsbereitschaft der Lehrkräfte. Für unseren Verband ist dies Ansporn, sich weiterhin engagiert und zielorientiert für die Weiterentwicklung einer qualitativ anspruchsvollen beruflichen Bildung in Bayern einzubringen.

Die Fortschreibung der Markierungspunkte legt der VLB in einer Zeit raschen wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Wandels vor, zu einem Zeitpunkt, zu dem wir auch unsere in krisenhaften Entwicklungen gesammelten Erfahrungen und Erfolge einschätzen und bewerten können und damit sicherer in der Beurteilung und Bewältigung der anstehenden Herausforderungen sind. Niemand kann seriös prognostizieren, wie die Unternehmen auf konjunkturelle Entwicklungen reagieren und sich die Zahl der Ausbildungsplätze und Ausbildungsbewerber:innen entwickelt oder wie sich die finanzielle Situation des Bundes, der Länder und der Kommunen auf die öffentlichen Haushalte und damit auf die Bildungsinvestitionen auswirken werden. Zeitgleich steigt der Personalbedarf an den beruflichen Schulen stetig. So fehlen bereits aktuell in vielen beruflichen Fachrichtungen und Fächern Lehrkräfte in einem beträchtlichen Ausmaß. Hinzu kommt das Fehlen multiprofessioneller Teams (Schulpsycholog:innen, Sonderpädagog:innen, Sozialpädagog:innen, Integrationshelfer:innen, Lerntherapeut:innen, IT-Fachkräfte sowie Verwaltungsmanager:innen), die aufgrund der großen Heterogenität und der deutlich angewachsenen Internationalität der Schülerschaft nicht nur ergänzend zur Förderung und Betreuung notwendig sind. Wenn in absehbarer Zeit hier nicht nachhaltig Abhilfe geschaffen werden kann, wird an den beruflichen Schulen eine ordnungsgemäße Beschulung nicht mehr möglich sein.

Wir – der Hauptvorstand und die Mitglieder des VLB – stellen diese Markierungspunkte zur Diskussion und laden Sie ein zu einer offenen, intensiven und kritisch-konstruktiven Auseinandersetzung über die wirkungsvollsten Schritte zur Weiterentwicklung der beruflichen Bildung in Bayern! Wir freuen uns auf diesen Diskurs und werden unser Know-how für unsere Schüler:innen und unsere Lehrkräfte einbringen.

München, im September 2023
Pankraz Männlein
Landesvorsitzender

01 Nachhaltige Sicherung des dualen Systems

01 Nachhaltige Sicherung des dualen Systems

Der VLB steht zum dualen System in der beruflichen Erstausbildung. Es hat sich seit langer Zeit gut bewährt, kein anderes System der beruflichen Ausbildung war im internationalen Vergleich auch nur annähernd so erfolgreich in der Verbindung von Bildungs- und Beschäftigungssystem. Die im europäischen Vergleich niedrige Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland ist ein deutlicher Indikator dafür.

Um das duale System auch weiterhin zukunftsfähig zu machen, bedarf es einer von allen Beteiligten gemeinsam gestalteten und kontinuierlichen Weiterentwicklung.

Der VLB fordert

02 Berufliche Bildung sichert der Wirtschaft die Zukunft, schafft Chancen und Wohlstand

02 Berufliche Bildung sichert der Wirtschaft die Zukunft, schafft Chancen und Wohlstand

Ein auf die Zukunft ausgerichtetes Angebot durch Industrie, Handwerk, Dienstleistung und nicht zuletzt auch durch den schulischen Bereich ist unbedingt notwendig, um einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort Deutschland und den dazu notwendigen Fachkräftenachwuchs auch langfristig zu sichern. Unabhängig von der aktuellen konjunkturellen Lage erfordert Ausbildung langfristiges und kontinuierliches Handeln.

Ausbildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sie sichert dem Einzelnen die Teilhabefähigkeit und eröffnet berufliche Entwicklungsmöglichkeiten. Zukunftsfähigkeit kann heute nicht mehr ohne das Grundprinzip der Nachhaltigkeit gedacht werden.

Der VLB fordert

03 Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung

03 Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung

Das duale System der Berufsausbildung gehört zu den herausragenden Standortvorteilen Deutschlands. Für die Absolventinnen und Absolventen der beruflichen Bildungsgänge sind attraktive Möglichkeiten der schulischen Weiterbildung und des umfassenden Aufstiegs im beruflichen Bildungsweg nötig. Die Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung darf von daher nicht nur bildungspolitisches Bekenntnis sein, sondern muss alltägliche, gelebte Praxis werden

Berufliche Bildung darf sich nicht auf eine rein fachlich oder einzelbetrieblich orientierte Komponente beschränken, sondern beinhaltet ebenso Persönlichkeitsbildung und die Weiterführung der Allgemeinbildung.

Der VLB fordert

04 Enge Verzahnung von beruflicher Erstausbildung und Weiterbildung

04 Enge Verzahnung von beruflicher Erstausbildung und Weiterbildung

Die enge Verzahnung von Erstausbildung und Weiterbildung ist bei allen Bildungsfachleuten unumstritten. Sie ermöglicht Synergien und eine effektivere Nutzung der Ausbildungsressourcen gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Nur barrierefreie und variantenreiche Bildungsmöglichkeiten, von der Erstausbildung bis in den tertiären Bildungsbereich hinein, bieten eine vollwertige Alternative zum akademischen Bildungsweg und decken den Bedarf an hoch qualifizierten Fachkräften.

Die fachliche Kompetenz der Lehrkräfte sowie die räumlichen/sächlichen Ressourcen in den beruflichen Schulen müssen verstärkt auch für die Weiterbildung genutzt werden.

Der VLB fordert

05 Erhalt und bedarfsgerechter Ausbau der vielfältigen Angebote im beruflichen Schulwesen

05 Erhalt und bedarfsgerechter Ausbau der vielfältigen Angebote im beruflichen Schulwesen

Die Vielfalt der Angebote über das duale Ausbildungssystem hinaus ist eines der herausragenden Qualitätsmerkmale der beruflichen Bildung in Bayern. Sie sichert mehr als alles andere die Durchlässigkeit, bietet vielfältige Anschlussmöglichkeiten und attraktive Aufstiegsmöglichkeiten.

Die einzelnen Schularten sind in ihrer Angebotsbreite zu erhalten, bedarfsgerecht auszuweiten und strukturell weiterzuentwickeln. Die personelle, räumliche und finanzielle Ausstattung muss den vielfältigen Aufgaben entsprechen.

Der VLB fordert

für Berufsschulen

für Förderberufsschulen

für Berufsfachschulen

für Wirtschaftsschulen

für FOSBOS

für Fachschulen und Fachakademien

06 Konsequente Förderung und Forderung der Schüler:innen

06 Konsequente Förderung und Forderung der Schüler:innen

Die Schülerstruktur an berufsbildenden Schulen, insbesondere an den Berufsschulen, ist hinsichtlich Vorbildung, Eignung, Befähigung, Herkunft und Alter extrem heterogen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer konsequenten Leistungsdifferenzierung.

Eine Individualisierung des Unterrichts ist sinnvoll und notwendig, aber ohne entsprechende Ressourcen nur ungenügend umsetzbar. Wenn die Inklusion nicht nur programmatisches Bekenntnis bleiben soll, müssen auch die dazu notwendigen Voraussetzungen rasch umgesetzt werden.

Der VLB fordert

07 Stärkung der Beruflichen Bildung in Europa

07 Stärkung der Beruflichen Bildung in Europa

Die durch den Lissabon- und Kopenhagenprozess zu schaffende Transparenz über die in den Einzelstaaten erworbenen Kompetenzen muss den jeweiligen nationalen Bildungssystemen bestmöglich gerecht werden. Dies gilt insbesondere für die im Rahmen der dualen Ausbildung an den Bildungsorten Schule und Betrieb erworbenen Befähigungsnachweise.

Gerade die berufliche Bildung muss in Zeiten transnationaler wirtschaftlicher Zusammenarbeit auch die interkulturelle Bildung sowie den Fremdsprachenunterricht fördern.

Der VLB fordert

08 Mehr Selbstverantwortung für die Schulen und die dafür notwendigen Ressourcen

08 Mehr Selbstverantwortung für die Schulen und die dafür notwendigen Ressourcen

An den beruflichen Schulen sind nicht zuletzt durch die Orientierung am Arbeitsmarkt kontinuierliche, dynamische Entwicklungsprozesse im Gange. Um die damit verbundenen Veränderungen meistern zu können, müssen die Schulen durch mehr Freiräume organisatorisch, personell und finanziell rascher reagieren können. Dies setzt allerdings eine verbesserte, eigenverantwortlich zu bewirtschaftende Finanzausstattung der beruflichen Schulen voraus.

Die beruflichen Schulen brauchen mehr Eigenverantwortung und vor allem flexibler einsetzbare Ressourcen, um den sich rasch wandelnden Anforderungen gerecht werden zu können.

Der VLB fordert

09 Die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte attraktiv gestalten

09 Die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte attraktiv gestalten

Der Mangel an qualifizierten Lehrkräften ist für die beruflichen Schulen in vielen Fachrichtungen seit Jahrzehnten ein belastender Dauerzustand. Offensichtlich leidet das viele Chancen eröffnende und anspruchsvolle Lehramt an beruflichen Schulen unter den aktuell bestehenden Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen. Fast alle Lehrkräfte an beruflichen Schulen sehen zudem einen enormen Fortbildungsbedarf, um mit dem raschen technologischen und organisatorischen Wandel, z. B. der zunehmenden Digitalisierung, Schritt halten zu können.

Eine praxisgerechte und zukunftsorientierte Berufsausbildung braucht fundiert ausgebildete und entsprechend fortgebildete Lehrkräfte aller beruflichen Fachrichtungen.

Der VLB fordert

10 Verbesserung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen

10 Verbesserung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen

Kaum jemand verkennt, dass die Arbeit als Lehrkraft an beruflichen Schulen
in besonderem Maße Anstrengungen erfordert. Diesen stehen oft Arbeitsbedingungen
gegenüber, die als sehr belastend erlebt werden: Personalmangel,
Mehrarbeit, ständig steigender Verwaltungsaufwand, Zusatzbelastung durch
Unterrichtsverdichtung im Blockunterricht, Mehrung der Zusatzaufgaben, besondere
Belastung durch auffällige Schüler:innen, hoher Fortbildungsdruck,
aufwendige Prüfungen – um nur einige zu nennen. Der Dienstherr muss angesichts
der realen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen die gesetzlich
vorgeschriebene Fürsorge nicht länger nur als Last und Kostenfaktor sehen,
sondern vielmehr als Motivationselement begreifen. Darüber hinaus muss für
Gesundheit und Wohlbefinden unserer Kolleginnen und Kollegen erheblich
mehr gesorgt werden.

Gute Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen sind der Schlüssel zu Motivation und guten Arbeitsergebnissen. Arbeitszufriedenheit ist der Garant für gesunde Kolleginnen und Kollegen.

Der VLB fordert

Broschüre Agenda 2030 - Markierungspunkte des VLB Bayern
zur Weiterentwicklung der beruflichen Bildung in Bayern zum Download (PDF)