03. Januar 2024

akzente 11/2023

Arbeits- und organisationspsychologisches Beratungsangebot

AMIS Bayern zur Gefährdungsbeurteilung nach Arbeitsschutzgesetz

Das Arbeitsmedizinische Institut für Schulen (AMIS-Bayern) hat zum Ziel staatliche Schulen in Bayern bei der Umsetzung des Arbeitsschutzes und der Gesundheitsförderung zu unterstützen. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist unser ganzheitliches Beratungs- und Unterstützungsangebot, bei welchem das Team des AMIS-Bayern die Gesamtorganisation Schule in Richtung strategische Ziele bei der Umsetzung des Arbeitsschutzes an Schulen begleitet. Mit dem Arbeits- und Organisationspsychologischen Beratungsangebot des AMIS-Bayern führen wir die Perspektive von Arbeitsschutz sowie strategischer Organisationsentwicklung zusammen. So können wir eine effektive und ganzheitliche Steuerung der Gesamtorganisation Schule in Richtung strategische Ziele bei der Umsetzung des Arbeitsschutzes an Schulen erreichen. Wir bieten ihnen Unterstützung bei der Durchführung der psychischen Gefährdungsbeurteilung (GB-Psyche) an und begleiten Sie an den Stellen, wo in vielen Fällen die psychische Gefährdungsbeurteilung abgebrochen wird. Insbesondere bei der Erarbeitung von Maßnahmen und der Einbindung des Kollegiums stehen wir beratend zur Seite. Denn diese Schritte sind das Herzstück der psychischen Gefährdungsbeurteilung. In einem Beratungsgespräch klären wir Ihre aktuelle schulische Situation und erarbeiten mit Ihnen ein passgenaues Konzept. Als interdisziplinäres Team aus Betriebsärzten und -ärztinnen, Fachkräften für Arbeitssicherheit und der Arbeits- und Organisationspsychologie und berücksichtigen die Vorschriften des Gesundheits- und Arbeitsschutzes und richten uns nach der GDA-Leitlinie. Die Auswahl passender Methoden ist bei der psychischen Gefährdungsbeurteilung ebenso wichtig, wie eine systematische Planung und Umsetzung des gesamten Prozesses. Dies bedeutet zum Beispiel, das Kollegium an der richtigen Stelle sinnvoll einzubinden, Maßnahmen nachhaltig zu planen und umzusetzen und diese in die Personal- und Organisationsentwicklung strategisch zu integrieren. Das Team des AMIS-Bayern unterstützt Schulleitungen bei der Entwicklung einer individuellen Vorgehensweise. Generell bieten die arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse zur Arbeitsgestaltung sowie zur Personal- und Organisationsentwicklung einen geeigneten Rahmen, um im Kontext von Gefährdungsbeurteilungen Maßnahmen abzuleiten und durchzuführen. Diese werden wir Ihnen im bei der individuellen Beratung näher bringen mit dem Ziel, dass Sie künftig die Gefährdungsbeurteilung an Ihrer Schule effizient und eigenständig durchführen können. Wesentliche Elemente dabei sind: Orientierung an den Kriterien für eine lern-, gesundheits- und persönlichkeitsförderliche Arbeitsgestaltung, Mitbestimmung und Beteiligung des Kollegiums, vollständige Betrachtung der Arbeitsbedingungen sowie Arbeiten im Veränderungsprozess. Als Konsequenz für die Förderung der Gesundheit an Schulen scheint vor allem die partizipative Arbeit unter Beteiligung des gesamten Kollegiums an den spezifischen Arbeitsbedingungen erfolgversprechend. Die arbeits- und organisationspsychologische Forschung zeigt, dass Partizipation die Akzeptanz von Maßnahmen erhöht (DeChurch & Marks, 2001). Damit treffen sich die Empfehlungen zur Verbesserung der Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Beschäftigten mit den Anforderungen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung. Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung setzt voraus, dass die Kriterien guter Arbeit bekannt sind. Dazu gehört Wissen zum Thema Arbeit und Gesundheit und zum Arbeits- und Gesundheitsschutz. Außerdem sind Prozesskompetenzen sowie diagnostisches und methodisches Hintergrundwissen von zentraler Bedeutung. Im Rahmen von Seminaren und individueller Beratung vermitteln wir Ihnen das notwendige Wissen zu diesen Themen. Eine nachhaltig wirksame Implementierung gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen muss als ein gesamtschulischer Entwicklungsprozess gestaltet werden.

Wesentliche Elemente dabei sind erstens die inhaltliche Orientierung an den Kriterien einer menschengerechten Gestaltung von Arbeit, zweitens Gütekriterien für den Prozess der Organisationsentwicklung, drittens die Ausbildung und Förderung der Gestaltungskompetenz der Beschäftigten und der betrieblichen Gesundheitsakteure und viertens die Beteiligung der Beschäftigten und Rollenklarheit bei den Gesundheitsakteuren. Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, ist eine Beratung durch das Fachpersonal des AMIS-Bayern sinnvoll. Eine zentrale Herausforderung stellt die Passung zwischen dem Instrument und den tätigkeitsspezifischen Anforderungen dar. Deshalb stellt das AMIS-Bayern für die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen an Schulen spezifische Instrumente zur Verfügung. Die GB-Psyche erfordert eine hierarchie- und funktions-übergreifende Zusammenarbeit zuständiger Akteure aus den Bereichen Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Personal- und Organisationsentwicklung. Dabei treffen Akteure mit unterschiedlichen Rollen, Interessen und Zielen aufeinander. Aufgrund des Fehlens eines klaren gesetzlichen Handlungsrahmens für die GB-Psyche kann es zu Konflikten aufgrund von unvereinbaren Gruppeninteressen kommen. So klar die Zuständigkeiten der betrieblichen Akteure in der GB-Psyche geregelt sind, so unkonkret gestalten sich die rechtlichen Vorgaben zur Durchführung der GB-Psyche. Weiche rechtliche Regelungen (Leitão & Greiner 2017) und der Rückgang staatlicher Umsetzungskontrollen (Becker, 2016) lagern die tatsächliche Aushandlung und Regulierung von Präventionsmaßnahmen psychischer Fehlbelastung in die Schulen aus (Trinczek, Rainer, 2010; Becker, 2016). Daraus leitet sich eine besondere Bedeutung der innerschulischen Vorgänge und Interaktionen in der GB-Psyche ab.

Befragte Schulleitungen berichten von ihrer fehlenden Qualifikation und Sensibilität für die GB-Psyche und bemängeln fehlende zeitliche Ressourcen und finanzielle Mittel bei der Maßnahmenumsetzung. Auch der Umgang mit Kritik am eigenen Führungsstil im Rahmen der GB-Psyche beschäftigt die befragten Schulleitungen. Für viele Akteure befinden sich Schulleitungen in einem Dilemma: Einerseits sind sie wichtige Multiplikatoren bei der GB-Psyche, andererseits kann ihr Führungsverhalten selbst eine Belastung für das Kollegium sein. Obwohl der Zusammenhang zwischen Führung und psychischer Gesundheit empirisch nachgewiesen werden konnte (z. B. Weiß & Süß, 2016; Montano et al., 2017), fällt das Ansprechen möglicher Probleme auf Grund vorherrschender Machtunterschiede und Abhängigkeiten zwischen Mitarbeitenden und Schulleitungen oft schwer (Leka et al., 2015). Die Schulleitung ist angehalten, Belastungen, die aus dem eigenen Führungsverhalten resultieren können, zu identifizieren und zu modifizieren. Dies erfordert neben der Möglichkeit Feedback zum eigenen Führungsverhalten zu bekommen, ein hohes Maß an Selbstreflexion und entsprechenden Unterstützungsangeboten. Um diesen Herausforderungen zu begegnen bietet das AMIS-Bayern eine individuelle Unterstützung des Prozesses der GB-Psyche an, bei der auch die Beratung zum eigenen Führungsverhalten durch die Arbeits- und Organisationspsychologen und Psychologinnen ein Baustein sein kann. Bei der Aushandlung konkreter Maßnahmen ergeben sich vermehrt Konflikte auf Grund unterschiedlicher Einschätzung der Notwendigkeit und Kosten von Maßnahmen. Eng damit verknüpft ist der Kampf um Ressourcen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnenschutz. Prozessbegleitendes Konfliktmanagement, die Vermittlung von Konfliktlösungsstrategien sowie der Einsatz eines externen Moderators oder einer externen Moderatorin in der GB-Psyche können die erfolgreiche Umsetzung der GB-Psyche unterstützen und erhöhen gleichzeitig die Produktivität beteiligter Akteure (DeChurch & Marks, 2001). In einem Überblicksartikel zur Implementierung von Gesundheitsförderung in Deutschland nennen Kliche und Kollegen (2010) unter dem Schlagwort „Externe Fachbegleitung und Vernetzung“ eine intensive, kompetente und externe Beratung als einen maßgeblichen förderlichen Einflussfaktor bei der GB-Psyche. Im Rahmen von themenspezifischen Seminarangeboten und individueller Einzelberatung der Schulleitungen unterstützen die Arbeits- und Organisationspsychologen und Psychologinnen des AMIS-Bayern den Prozess der GB-Psyche und vermitteln Kompetenzen im Umgang mit den genannten Herausforderungen. Zusammenfassend bietet das AMIS-Bayern eine professionelle Projektgestaltung des Prozesses an. Das Vorgehen erfolgt schulspezifisch und umfasst die Beratung zu praktisch gut umsetzbaren Maßnahmen, welche auf die Zielgruppe zugeschnitten sind und auf einem ganzheitlichen Gesundheitsverständnis (Verhaltens- und Verhältnisprävention, Individual- und Systemebene) basieren. Sofern Maßnahmen identifiziert werden, welche nicht bereits von anderer Stelle (z. B. Schulberatungsstellen, ALP Dillingen) bereitgestellt werden, bietet auch das AMIS-Bayern zu verschiedenen Themen Beratungs- und Schulungsangebote (z. B. Stimme und Sprechen im Unterricht, Lärm an Schulen)an. In Einzelfällen kann auch die Beratung von Einzelpersonen des Kollegiums sinnvoll erscheinen. //

Kontaktmöglichkeiten siehe www.amis-bayern.de

DR. MEIKE SONS, DR. SARAH STÖHR, PROF. DR. STEFANIE HEINZE, PROF. DR. CAROLINE HERR