18. Januar 2021

vlb-akzente Express

Erfolgsformel: mebis + X = Office365

Johannes Münch

„Übergangslösung“ muss schulartübergreifend eingeführt werden

Während mebis bei derzeit sechsstelligen Benutzerzahlen aus für technisch Eingeweihte nachvollziehbaren Gründen immer wieder „abstürzt“, läuft der Distanzunterricht mit Office365 nach Regelstundenplan ohne Beeinträchtigungen. Die Weltmarktführer in Sachen eLearning haben ihr Geschäft heute im Griff und folglich muss bei einer zukünftigen, bayerischen Lösung für den Distanzunterricht nicht wie wiederkehrend gefordert auf Vielfalt nach dem „Schul-Gusto“ gesetzt werden, sondern eine schulartübergreifende Entscheidung für Produkte wie Office365 und Konsorten datenschutzkonform, flächendeckend und bayernweit fallen. Aber der Reihe nach.

Einheitlichkeit
So wie ein Berufsschulbeirat es schon vor Jahren beim Ausbildersprechtag bemerkte,
„Wo gibt es so was, dass Filialen eine andere Software als die Zentrale einsetzen“,
brachte er damit die schulischen IT-Pandemieprobleme schon damals auf den Punkt. Es fehlt ein verbindlicher, schulartübergreifender und damit bezahlbarer Standard. Was neben einem bayernweit einheitlichen Schulverwaltungsprogramm, einem Stundenplanprogramm und einer zentralen Notenverwaltungs-Software an allen bayerischen Schulen cloud-basiert überfällig ist, ist ein leistungsfähiges, modernes Lernmanagement-System, kurz gesagt Söders Bayern-Schul-Cloud.

Teamarbeit und Synergieeffekte
Fernab vom stark verwurzelten Lehrprobenprinzip, bei dem jede Lehrkraft eine jede Unterrichtsstunde quasi selbst fertigen muss, bieten moderne Lernmanagement-Systeme heute nicht nur ideale Möglichkeiten unter Lehrkräften und in Kollegien stärker digital zusammenzuarbeiten, sondern sie stellen es vielmehr infrage, ob bei gleichen Themen Unterrichtseinheiten überhaupt mehrfach erstellt werden müssen. Schon alleine der immense Aufwand Lehr- und Lernmaterial digital aufzubereiten bzw. zu pflegen schreit nach mehr Teamarbeit/Arbeitsteilung und zeigt glasklar auf, dass redundante Arbeiten höchst ineffektiv und Synergieeffekte mehr als notwendig sind.

Grunddilemma  
Das Hauptproblem in Sachen Lernmanagement-System ist, dass nur wenige Software-Produkte und Dienstleister überhaupt in der Lage sind, wie im bayerischen Fall, 1,77 Millionen Benutzer zeitgleich leistungsstark zu versorgen. Für so eine digitale Grundversorgung sind Lagerhäuser voll mit tausenden von Servern erforderlich, die trotz des derzeit immensen Handlungsdrucks auch vom Freistaat Bayern nicht so einfach finanziert und aus dem Boden gestampft werden können. Jahrelange Planung und Vorarbeit wären dafür erforderlich. Und mit einer Ertüchtigung wie jüngst bei mebis von sechs auf 36 Server (Brandenburg hat als direkter Vergleich kürzlich um 100 Server aufgestockt), ist es angesichts der tatsächlich erforderlichen Serverleistung für diese moderne Bayern-Cloud nicht mehr getan.

In der Vergangenheit hakte es vor allem

Systemfehler
Während bei lernmittelfreien Schulbüchern immer noch eine schulaufsichtliche Zulassung nach BayEUG Art. 51 erforderlich und damit dann ein bayernweiter Standard festgelegt ist, existieren solche Vorgaben weder im IT-Bereich, noch für Schulverwaltungs-Software oder Lernportale. Das jüngst in einer Pressekonferenz von Kultusminister Piazolo angesichts

Mauerblümchen-Dasein
Bei einem kurzen Blick in die Vergangenheit erkennt man, dass die Schul-IT traditionell von vielen Entscheidern als „lästiges“ Beiwerk zu Schulbuch und Fotokopie gesehen wurde. Die Herausforderung Schuldigitalisierung für eine bildungsgerechtere Zukunft anzunehmen und jenseits der Pandemie kraftvoll zu nutzen, steht vielerorts immer noch weit hinten auf der to-do-Liste. Entsprechend standen und stehen im Vergleich zur IT in Großunternehmen noch viel zu geringe Finanzmittel zur Verfügung, um wirklich „Nägel mit Köpfen“ zu machen. Dies muss sich noch vor der Ausarbeitung eines für Bayern nachhaltig, schulartübergreifenden Gesamtkonzepts ändern.

Schule als Unternehmen
Betrachtet man das Kultusministerium und die 6.000 Schulen des Freistaats als „Filialgroßunternehmen“ mit 1,77 Millionen MitarbeiterInnen (1,65 Millionen Schüler und 120.000 Lehrkräfte), sind die Defizite und die beeindruckende Dimension dieses Vorhabens offensichtlich. Wie DAX-Konzerne braucht auch das Kultusministerium für die Entwicklung und den sicheren Distanzunterrichtsbetrieb nicht nur Budgets, sondern auch IT-Profis/IT-Planer im eigenen Haus und vor allem starke, verlässliche Partner. Auch bei allem Respekt vor ambitionierten „Software-Einzeltätern“ sind Lehrkräfte eben doch keine Programmierer und am Salvatorplatz fehlen noch immer spezialisierte IT-Projektmanager. Bayern muss das „Rad“ eben nicht neu erfinden, wenn Microsoft, Google und Co. für Milliarden von Dollar funktionierende, passgenaue Schullösungen bereits entwickelt haben. Der Zukauf einer solchen Bayern-Schul-Cloud auf Dienstleistungsbasis genügt den schulischen Ansprüchen vollends.

Kosten
Nimmt man die Vollkosten für den Bau, die Ausstattung, die Programmierung und den Betrieb eines bayerneigenen Schulrechenzentrums, nähert man sich bei den Kosten rasend schnell der Milliardengrenze. Dem gegenüber bewegen sich die Schätzkosten für den dienstleistungsbasierten Zukauf eines leistungsfähigen, modernen Lernmanagement-Systems für alle 6.000 Schulen eher im ein- bis zweistelligen Millionenbereich pro Jahr. Dass neben dem Zeitgewinn in Pandemiezeiten der Einsatz einer vorhandenen, betriebsfertigen und „sturmerprobten“ IT-Lösung wie Office365 oder Google for Education für den Distanz-, Hybrid- und Präsenzbetrieb nur Vorteile bringen kann, bedarf angesichts des derzeitigen Distanzdilemmas keiner großen Phantasie. Nach der zeitnahen Einführung einer solchen Einheitslösung könnte diese dann im Nachklang Zug um Zug an die Bedürfnisse der einzelnen Schularten und an die Datenschutzvorgaben angepasst werden.
Dies alles kann aber erst erfolgen, wenn der Distanzunterricht in der Fläche reibungslos läuft. Bayern befindet sich nach wie vor im Katastrophenfall und dieser erfordert von wirklich allen Ebenen endlich kraftvoll konsequentes und vor allem zeitnahes Handeln.

Wert von Lehrerarbeit
Egal, ob nun mebis oder Office365 nach der Pandemie „eingestampft“ werden sollte, ist der wahre „Rattenschwanz“ die im Lernmanagement-System bei der Einarbeitung und der Erstellung digitaler Unterrichtsmaterialien geleistete Arbeitszeit der Lehrerschaft. Deshalb muss von den Verantwortlichen schon jetzt gesehen werden, dass diese zigmillionen Lehrerarbeitsstunden und das erworbene IT-Wissen im Nachhinein nicht einfach durch Verbote oder Widerrufe vernichtet werden dürfen.

Rechenbeispiel
Bei den mehr als

Ähnlich verhält es sich übrigens mit gleichermaßen hohen Millionenbeträgen bei mebis, da auch hier tausende Lehrkräfte über Jahre ihren Unterricht in unzähligen Stunden im Online-Portal angelegt haben.

In der Konsequenz muss dies für ein Kultusministerium bedeuten, dass trotz der Überfälligkeit der modernen Bayern-Schul-Cloud als schulartübergreifende Plattform, zumindest mittelfristig der zweigleisige Weiterbetrieb beider Lernmanagement-Systeme schon aus motivationalen Gründen sichergestellt werden muss und Veränderungen nur mit sehr großem Fingerspitzengefühl durchgeführt werden.

Neustart Bayern-Cloud
Niemand in Bayern käme auf die Idee für öffentliche Dienststellen ein eigenes Textverabeitungs-, Tabellenkalkulations- oder Präsentationsprogramm jenseits von Word, Excel und Powerpoint programmieren zu lassen oder für das Bayern-WLAN ein neues, staatseigenes Kabelnetz zu verlegen. Warum auch, wenn es bestehende Angebote der Wirtschaft gibt und solche Vorhaben neben der Sinnhaftigkeit auch kostenmäßig zum Scheitern verurteilt wären.
Ähnlich ist das Angebot der weltmarktführend professionellen Lernmanagement-Systeme Office365, Google for Education oder Adobe Captivate einzuordnen, die von Amerika bis Zentralasien breite Akzeptanz finden. Damit wären sie auch für Bayern jenseits von Bastellösungen ein tragfähiges und kostengerechtes Fundament für langfristig funktionierendes Homeschooling, guten Hybridunterricht, bis hin zum stärker digitalgestützten Präsenzunterricht.

Rückwärtsgewandtheit
So „liebenswert“ mebis manchem erscheinen mag, ist es wie der Ministerpräsident in seiner ersten Regierungserklärung 2021 richtig feststellte, „nicht ein modernes Konzept, eigentlich ein uraltes Konzept (…) und andere Formate (Videoformate) sind besser“. Weiter haben sich aber auch die Ansprüche der Schulfamilie an Erscheinungsbild, Funktionen, Bedienung, Interaktivität, Ergonomie, Zusatz-Apps und Speicherplatz in den vergangenen Jahren so wesentlich verändert, dass mebis dem heute nur noch in Teilen gerecht werden kann. Smartphone und Stift-Tablet gehören inzwischen jenseits des PCs integral zum Unterrichtalltag und der interaktive Austausch zwischen Klassen und Lehrkraft in Echtzeit ist mit einem digitalen Schülerordner in andern Ländern bereits seit Jahren Standard.

Zukunftsperspektive
Deshalb muss die Frage jetzt gestellt werden, ob Abermillionen Euro Steuergelder für überfällige Eigenprogrammierungen in den „Oldtimer“ mebis  gesteckt werden, oder ob diese Mittel für die vom Ministerpräsidenten vorgeschlagene Bayern-Schul-Cloud mit einem datenschutzkonformen Office365 nicht zukunftsgerichteter und damit besser angelegt sind. Bei diesem Ansatz könnte mebis übrigens mit den zahlreichen, höchst nützlichen und bestens ausgearbeiteten Schulfunktionalitäten zum Beispiel die Vorgaben liefern, mit denen beispielsweise die von der Telekom und Microsoft seit 2015 betriebene Deutschland-Schul-Cloud (auf Servern in Deutschland) in kürzester Zeit und Stück für Stück mit angemessenen Kosten angepasst werden könnte. Das was übrigens an allen bayerischen Universitäten den Kritikern zum Trotz im großen Stil und datenschutzkonform eingesetzt wird, nämlich Office365, kann für uns Schulen/Berufsschulen definitiv nur gut sein.

Mehrwert
Was bei zahlreichen KM-Pressemitteilungen und Veröffentlichungen zu MS-Teams als Video-Konferenztool in letzter Zeit übersehen wurde ist, dass beim Einsatz der Schulversion von Office365 neben zentralen Lernmanagement-Programmteilen wie MS-Teams, MS-OneNote oder MS-Forms, jede Schülerin, jeder Schüler und alle bayerischen Lehrkräfte die Programme Word, Excel, PowerPoint u.v.m. für die Schulnutzung kostenfrei einsetzen dürfen. Dieser Mehrwert ist inzwischen aus dem Schulbetrieb nicht mehr wegzudenken.

Fazit
Wenn unser Ministerpräsident Markus Söder in der oben zitierten Regierungserklärung

muss dieses aus Sicht der beruflichen Schulen in Bayern mit Office365 umgesetzt werden.

Forderung
Nebendem, dass fast alle beruflichen Schulen Office365 bereits seit längerem nicht nur in Sachen Distanzunterricht, sondern als schulübergreifendes Lernmanagement-System höchst erfolgreich einsetzen und alle Lehrkräfte beruflicher Schulen mit den dargestellten Zusatzarbeiten großzügigst in Vorleistung getreten sind, kann eine bayerische Neuausrichtung vor allem auch nicht am IT-Schulungsbedarf der BerufsschülerInnen und damit der Ausbildungsbetriebe vorbei entschieden werden. Office365 ist heute der Standard in der bayerischen Wirtschaft und dem muss auch in den Berufsschulen entsprochen werden.

Alles andere wäre für uns Berufsschulen, so wie übrigens auch die vollständige Rückkehr zum Papier, ein desaströser Schritt in ein digitales Berufsbildungs-Nichts.

 

In diesem Dokument werden die folgenden Marken verwendet:

Microsoft
Office365
Google
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Adobe
Adobe Captivate
Telekom
MS-Teams
MS-OneNote
MS-Forms
Word
Excel
PowerPoint
mebis

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