VLB-Markierungspunkte
Vorwort Pankraz Männlein VLB-Landesvorsitzender
Die hohe Leistungsfähigkeit der beruflichen Schulen ist ein wichtiger Stabilitätsanker im deutschen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem – so auch in Bayern. Von daher ist es nur zu verständlich, wenn Bildungspolitiker und auch die politischen Parteien die hohe gesamtgesellschaftliche Bedeutung und damit verbunden die besondere Förderungswürdigkeit der beruflichen Bildung und ihrer Schulen immer wieder herausstellen. So bedeutend die beruflichen Schulen auch sind, sehen sie sich nicht erst in jüngster Zeit auch vor gewaltigen Herausforderungen, die sich schlagwortartig mit den sogenannten „3 D“ beschreiben lassen: Demografie, Digitalisierung und Dekarbonisierung. Oder um es konkreter zu machen: Es geht beispielsweise um die Überwindung des Fachkräftemangels, um curriculare, also um inhaltliche und methodisch-didaktische Antworten zu einer Bildung für die digitale Welt, sowie um eine Vorbereitung der nachwachsenden Generation auf veränderte Klima- und Umweltbedingungen.
Der Verband der Lehrkräfte an beruflichen Schulen in Bayern anerkennt – da er immer an einem konstruktiven Dialog mit allen für die berufliche Bildung relevanten Stakeholdern interessiert ist – positive Entwicklungen auf Bundes- wie Landesebene. Der VLB sieht allerdings nach wie vor erhebliche Handlungsbedarfe, damit die berufliche Bildung auch in Zukunft erfolgreich sein und ihre Aufgaben für Wirtschaft und Gesellschaft erfüllen kann. Die Leistungen, die die berufliche Bildung erbringt, können sich trotz zurückhaltender bildungspolitischer Entscheidungen sehen lassen:
- Aktuell erwerben annähernd 50 Prozent aller Hochschulzugangsberechtigten ihre Qualifikation zum Besuch einer Hochschule oder Universität an einer beruflichen Schule.
- In der Öffentlichkeit wird zunehmend über eine Aufwertung der beruflichen Bildung diskutiert, etwa unter der Chiffre „Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung“.
- Weltweit genießt insbesondere das duale Ausbildungssystem höchste Anerkennung.
Diese Erfolge, die hier nur exemplarisch angeführt werden, dokumentieren die Leistungsfähigkeit unserer Schüler:innen sowie die Leistungsbereitschaft der Lehrkräfte. Für unseren Verband ist dies Ansporn, sich weiterhin engagiert und zielorientiert für die Weiterentwicklung einer qualitativ anspruchsvollen beruflichen Bildung in Bayern einzubringen.
Die Fortschreibung der Markierungspunkte legt der VLB in einer Zeit raschen wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Wandels vor, zu einem Zeitpunkt, zu dem wir auch unsere in krisenhaften Entwicklungen gesammelten Erfahrungen und Erfolge einschätzen und bewerten können und damit sicherer in der Beurteilung und Bewältigung der anstehenden Herausforderungen sind. Niemand kann seriös prognostizieren, wie die Unternehmen auf konjunkturelle Entwicklungen reagieren und sich die Zahl der Ausbildungsplätze und Ausbildungsbewerber:innen entwickelt oder wie sich die finanzielle Situation des Bundes, der Länder und der Kommunen auf die öffentlichen Haushalte und damit auf die Bildungsinvestitionen auswirken werden. Zeitgleich steigt der Personalbedarf an den beruflichen Schulen stetig. So fehlen bereits aktuell in vielen beruflichen Fachrichtungen und Fächern Lehrkräfte in einem beträchtlichen Ausmaß. Hinzu kommt das Fehlen multiprofessioneller Teams (Schulpsycholog:innen, Sonderpädagog:innen, Sozialpädagog:innen, Integrationshelfer:innen, Lerntherapeut:innen, IT-Fachkräfte sowie Verwaltungsmanager:innen), die aufgrund der großen Heterogenität und der deutlich angewachsenen Internationalität der Schülerschaft nicht nur ergänzend zur Förderung und Betreuung notwendig sind. Wenn in absehbarer Zeit hier nicht nachhaltig Abhilfe geschaffen werden kann, wird an den beruflichen Schulen eine ordnungsgemäße Beschulung nicht mehr möglich sein.
Wir – der Hauptvorstand und die Mitglieder des VLB – stellen diese Markierungspunkte zur Diskussion und laden Sie ein zu einer offenen, intensiven und kritisch-konstruktiven Auseinandersetzung über die wirkungsvollsten Schritte zur Weiterentwicklung der beruflichen Bildung in Bayern! Wir freuen uns auf diesen Diskurs und werden unser Know-how für unsere Schüler:innen und unsere Lehrkräfte einbringen.
München, im September 2023
Pankraz Männlein
Landesvorsitzender
01 Nachhaltige Sicherung des dualen Systems
Der VLB steht zum dualen System in der beruflichen Erstausbildung. Es hat sich seit langer Zeit gut bewährt, kein anderes System der beruflichen Ausbildung war im internationalen Vergleich auch nur annähernd so erfolgreich in der Verbindung von Bildungs- und Beschäftigungssystem. Die im europäischen Vergleich niedrige Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland ist ein deutlicher Indikator dafür.
Um das duale System auch weiterhin zukunftsfähig zu machen, bedarf es einer von allen Beteiligten gemeinsam gestalteten und kontinuierlichen Weiterentwicklung.
Der VLB fordert
- die gleichberechtigte Verantwortung von Schule und Wirtschaft für die gesamte Ausbildung,
- eine gemeinsame Verantwortung von Wissenschaft, Schule und Wirtschaft bei notwendigen Innovationen im dualen Ausbildungssystems,
- die weitere Integration der Berufsschulen in duale Studiengänge,
- eine gemeinsame Zuständigkeit für die Berufsabschlussprüfung von Schule und zuständiger Stelle,
- ein gemeinsames Berufsabschlusszeugnis, in das Leistungen in der Berufsschule, im Betrieb und in der Abschlussprüfung gleichwertig einfließen,
- die Förderung des „unternehmerischen Denkens“ und der sozialen Verantwortung,
- eine Verringerung des nach wie vor deutlich zu hohen Unterrichtsausfalls,
- eine deutlich verstärkte, koordinierte und verpflichtende Berufsorientierung an allen allgemeinbildenden Schulen.
02 Berufliche Bildung sichert der Wirtschaft die Zukunft, schafft Chancen und Wohlstand
Ein auf die Zukunft ausgerichtetes Angebot durch Industrie, Handwerk, Dienstleistung und nicht zuletzt auch durch den schulischen Bereich ist unbedingt notwendig, um einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort Deutschland und den dazu notwendigen Fachkräftenachwuchs auch langfristig zu sichern. Unabhängig von der aktuellen konjunkturellen Lage erfordert Ausbildung langfristiges und kontinuierliches Handeln.
Ausbildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sie sichert dem Einzelnen die Teilhabefähigkeit und eröffnet berufliche Entwicklungsmöglichkeiten. Zukunftsfähigkeit kann heute nicht mehr ohne das Grundprinzip der Nachhaltigkeit gedacht werden.
Der VLB fordert
- für jeden geeigneten und ausbildungswilligen Lehrstellenbewerber einen entsprechenden Ausbildungsplatz,
- mehr Ausbildungsstellen für benachteiligte Jugendliche, mehr Ressourcen für deren Förderung und strukturelle Anpassungen der Ausbildung an diese Klientel,
- eine mögliche Anrechnung von zertifizierten berufsvorbereitenden Maßnahmen auf die duale Ausbildung,
- die Attraktivitätssteigerung der dualen Ausbildung für leistungsstärkere Jugendliche als sinnvolle Alternative zum Studium,
- die Sicherstellung von wohnortnaher Beschulung für möglichst viele Ausbildungsberufe,
- ausreichende technische, finanzielle und personelle Ressourcen, um den beruflichen Schulen bei der digitalen Transformation eine Spitzenstellung zu sichern,
- eine deutlich verstärkte Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schularten unter Einbeziehung der beruflichen Schulen,
- duale Studiengänge, die gleichberechtigt von Hochschulen und beruflichen Schulen gestaltet werden,
- eine Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), die als durchgängiges Prinzip in der Berufsbildung entsprechend gefördert wird.
03 Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung
Das duale System der Berufsausbildung gehört zu den herausragenden Standortvorteilen Deutschlands. Für die Absolventinnen und Absolventen der beruflichen Bildungsgänge sind attraktive Möglichkeiten der schulischen Weiterbildung und des umfassenden Aufstiegs im beruflichen Bildungsweg nötig. Die Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung darf von daher nicht nur bildungspolitisches Bekenntnis sein, sondern muss alltägliche, gelebte Praxis werden
Berufliche Bildung darf sich nicht auf eine rein fachlich oder einzelbetrieblich orientierte Komponente beschränken, sondern beinhaltet ebenso Persönlichkeitsbildung und die Weiterführung der Allgemeinbildung.
Der VLB fordert
- die Verankerung der Gleichwertigkeit zwischen beruflicher und allgemeiner Bildung im Grundgesetz bzw. der bayerischen Verfassung analog zum Schweizer Beispiel,
- den Erhalt und die Weiterentwicklung des allgemeinbildenden Unterrichts neben den berufsbezogenen Lernfeldern,
- eine weitere Verbesserung der schulischen Durchlässigkeit, um Möglichkeiten des Aufstiegs innerhalb des Bildungssystems in allen Stufen zu fördern,
- eine gerechte Ressourcenverteilung zwischen dem allgemeinbildenden und beruflichen Bildungssystem,
- die Sicherung der Wertigkeit von beruflichen Qualifikationen, Berechtigungen, Abschlüssen und Anschlussmöglichkeiten durch ausreichende Unterrichtsangebote,
- die Verankerung der Gleichwertigkeit des alternativen Wegs zur Hochschulreife über die Berufliche Oberschule in der Öffentlichkeit und in der bildungspolitischen Wahrnehmung,
- eine gleichwertige Versorgung der beruflichen Schulen mit einer Lehrkräftereserve, um den nach wie vor hohen Unterrichtsausfall kompensieren zu können,
- eine Gleichwertigkeit, die sich in einer Verrechtlichung des DQR/EQR ausdrückt, eine verbesserte Anrechnung schulischer Leistungen durch die Hochschulen sowie eine deutliche Stärkung der Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung.
04 Enge Verzahnung von beruflicher Erstausbildung und Weiterbildung
Die enge Verzahnung von Erstausbildung und Weiterbildung ist bei allen Bildungsfachleuten unumstritten. Sie ermöglicht Synergien und eine effektivere Nutzung der Ausbildungsressourcen gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Nur barrierefreie und variantenreiche Bildungsmöglichkeiten, von der Erstausbildung bis in den tertiären Bildungsbereich hinein, bieten eine vollwertige Alternative zum akademischen Bildungsweg und decken den Bedarf an hoch qualifizierten Fachkräften.
Die fachliche Kompetenz der Lehrkräfte sowie die räumlichen/sächlichen Ressourcen in den beruflichen Schulen müssen verstärkt auch für die Weiterbildung genutzt werden.
Der VLB fordert
- die systematische Verzahnung von Erstausbildung und Weiterbildung,
- klare Regelungen und verlässliche Qualitätsindikatoren für Weiterbildungsabschlüsse sowie die Verhinderung von unregulierten bzw. inhaltlich reduzierten Angeboten (z. B. „Industrietechniker IHK“),
- die Organisation der Weiterbildung vorrangig in Form von Fachschulen (z. B. Techniker- und Meisterschulen) und Fachakademien,
- die Anrechnung von Unterrichtsleistungen bei der Weiterbildung auf das reguläre Stundendeputat der Lehrkräfte,
- eine modularisierte Anpassungsfortbildung als Regelangebot an berufsbildenden Schulen,
- eine Verbesserung der Handlungsmöglichkeiten für berufliche Schulen als regionaler Anbieter im Bereich der Fort- und Weiterbildung,
- den Ausbau von Kooperationsmodellen mit Hochschulen im Bereich der Weiterbildung.
05 Erhalt und bedarfsgerechter Ausbau der vielfältigen Angebote im beruflichen Schulwesen
Die Vielfalt der Angebote über das duale Ausbildungssystem hinaus ist eines der herausragenden Qualitätsmerkmale der beruflichen Bildung in Bayern. Sie sichert mehr als alles andere die Durchlässigkeit, bietet vielfältige Anschlussmöglichkeiten und attraktive Aufstiegsmöglichkeiten.
Die einzelnen Schularten sind in ihrer Angebotsbreite zu erhalten, bedarfsgerecht auszuweiten und strukturell weiterzuentwickeln. Die personelle, räumliche und finanzielle Ausstattung muss den vielfältigen Aufgaben entsprechen.
Der VLB fordert
für Berufsschulen
- den flächendeckenden Erhalt und eine wohnortnahe Beschulung,
- eine zeitgemäße und aufgabengerechte Ausstattung,
- pädagogisch sinnvolle Klassengrößen,
- multiprofessionelle Teams für die Vielfalt der Aufgaben;
für Förderberufsschulen
- den Beibehalt des bewährten Systems von Förderberufsschulen als sinnvolle Ergänzung zum Inklusionsauftrag,
- den Ausbau der besonderen Ressourcen und speziellen Kenntnisse an den Förderberufsschulen, um die Schüler:innen bestmöglich zu fördern;
für Berufsfachschulen
- einen weiteren bedarfsgerechten Ausbau der vorhandenen Berufsfachschulen als notwendige Ergänzung zum dualen Ausbildungssystem (berufsbe-zogen bzw. berufsfeldbezogen) bzw. für jene Berufsfelder, in denen es keine ausreichenden betrieblichen Ausbildungsplätze gibt,
- die volle Anrechnung der schulischen Ausbildung bei Einmündung in das duale System,
- die volle Anerkennung des Berufsabschlusses nach BBiG bei voll ausgebauten dreijährigen Berufsfachschulen;
für Wirtschaftsschulen
- den Erhalt der bestehenden Wirtschaftsschulen sowie ihren weiteren Ausbau,
- eine stetige strukturelle Weiterentwicklung der angebotenen Bildungsgänge,
- die Aufwertung des Schulprofils für den Einstieg in eine Berufsausbildung und Bildungskarriere,
- eine verstärkte Anrechnung bei kaufmännischen Ausbildungsgängen,
- die Angleichung der Eingangsklassen an die der anderen Schularten;
für FOSBOS
- die Beseitigung der personellen Unterversorgung sowie die Einrichtung einer integrierten Lehrkräftereserve,
- eine an den Schülerzuwächsen gemessene, umfangreiche Ausbringung von Planstellen bzw. entfristete Beschäftigungsmöglichkeiten,
- die Angleichung der Unterrichtsversorgung an das Vergleichsniveau anderer Oberstufen-Schularten (Beseitigung des Budgetdefizits);
für Fachschulen und Fachakademien
- den Erhalt und bedarfsgerechten Ausbau in Ballungszentren wie auch in der Region,
- die Sicherstellung der ausreichenden personellen Versorgung,
- die Verbesserung der Anrechnungsmöglichkeiten bei Aufnahme eines Studiums,
- die Verbesserung der Anrechnungsmöglichkeiten von Studienleistungen an den Fachschulen bzw. Fachakademien bei Studienwechslern,
- die Ausbaumöglichkeit bis DQR/EQR 7 „Master Professional“.
06 Konsequente Förderung und Forderung der Schüler:innen
Die Schülerstruktur an berufsbildenden Schulen, insbesondere an den Berufsschulen, ist hinsichtlich Vorbildung, Eignung, Befähigung, Herkunft und Alter extrem heterogen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer konsequenten Leistungsdifferenzierung.
Eine Individualisierung des Unterrichts ist sinnvoll und notwendig, aber ohne entsprechende Ressourcen nur ungenügend umsetzbar. Wenn die Inklusion nicht nur programmatisches Bekenntnis bleiben soll, müssen auch die dazu notwendigen Voraussetzungen rasch umgesetzt werden.
Der VLB fordert
- die Lehrpläne in ein für alle verpflichtendes Grundwissen und ein Zusatzangebot für leistungsstarke Schüler:innen aufzuteilen,
- spezielle Ausbildungsmodelle der dualen Berufsausbildung für Hochschulzugangsberechtigte,
- zusätzlichen Förderunterricht für leistungsschwache Schüler:innen,
- eine verlängerte Ausbildungszeit und einen zweiten Berufsschultag nach KMK-Vereinbarung für Schüler:innen mit geringerer Leistungsfähigkeit,
- den weiteren Ausbau doppelt qualifizierender Bildungsgänge,
- den weiteren Ausbau von Schulsozialarbeit und eine bessere Versorgung mit Schulpsycholog:innen wegen der steigenden Zahl von Jugendlichen mit Defiziten bei der Sprachkompetenz, im Sozial- und/oder Lernverhalten,
- erheblich größere Ressourcen insbesondere für den Unterricht in Integrationsklassen – die enorme Herausforderung der Integration ist nicht durch die Lehrkräfte alleine zu leisten,
- eine reguläre Zuweisung von Förderunterricht, der den erhöhten Förderungsbedarf in Regelklassen mit hohem Anteil an Schüler:innen mit Migrationshintergrund berücksichtigt („Migrationsfaktor“),
- verlässliche Perspektiven und integrationsfördernde Rahmenbedingungen bei der Beschulung von Flüchtlingen und Asylbewerbern,
- eine weitere Erhöhung der Ressourcen und vereinfachte Verfahren für die Einzelintegration,
- die Anerkennung von Teilleistungen und Teilabschlüssen (z. B. Stufenausbildung, Helfer- und Anlernberufe) nur mit voller Anschlussgarantie sowie Flexibilität bei der Ausbildungsdauer und der Qualifikationshöhe.
07 Stärkung der Beruflichen Bildung in Europa
Die durch den Lissabon- und Kopenhagenprozess zu schaffende Transparenz über die in den Einzelstaaten erworbenen Kompetenzen muss den jeweiligen nationalen Bildungssystemen bestmöglich gerecht werden. Dies gilt insbesondere für die im Rahmen der dualen Ausbildung an den Bildungsorten Schule und Betrieb erworbenen Befähigungsnachweise.
Gerade die berufliche Bildung muss in Zeiten transnationaler wirtschaftlicher Zusammenarbeit auch die interkulturelle Bildung sowie den Fremdsprachenunterricht fördern.
Der VLB fordert
- die Vermittlung von Europakompetenz bereits ab der Erstausbildung,
- die volle Teilhabe der beruflichen Bildung an den Förderungsangeboten der EU,
- den Erhalt und weiteren Ausbau der politischen Bildungsinhalte im allgemeinbildenden Unterricht,
- erweiterte Möglichkeiten von Austauschprogrammen für Auszubildende sowie eine verbesserte Förderung von Exkursionen zu europäischen Institutionen,
- die Ausweitung und Stärkung des Fremdsprachenunterrichts,
- verbesserte Informationsmöglichkeiten über Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten im europäischen Raum,
- die adäquate Einstufung in DQR und EQR von allgemeinbildenden Abschlüssen sowie von Berufsbildungsabschlüssen.
08 Mehr Selbstverantwortung für die Schulen und die dafür notwendigen Ressourcen
An den beruflichen Schulen sind nicht zuletzt durch die Orientierung am Arbeitsmarkt kontinuierliche, dynamische Entwicklungsprozesse im Gange. Um die damit verbundenen Veränderungen meistern zu können, müssen die Schulen durch mehr Freiräume organisatorisch, personell und finanziell rascher reagieren können. Dies setzt allerdings eine verbesserte, eigenverantwortlich zu bewirtschaftende Finanzausstattung der beruflichen Schulen voraus.
Die beruflichen Schulen brauchen mehr Eigenverantwortung und vor allem flexibler einsetzbare Ressourcen, um den sich rasch wandelnden Anforderungen gerecht werden zu können.
Der VLB fordert
- eine Flexibilisierung der Stundentafeln durch Aufteilung in Pflicht-, Wahlpflicht- und Wahlunterricht, u. a. auch zur Schaffung entsprechender Schulprofile,
- mehr Gestaltungsmöglichkeiten bei Finanz- und Personalverwaltung für alle beruflichen Schulen, verbunden mit den dazu notwendigen personellen Ressourcen,
- größere Freiräume bei Unterrichtsgestaltung und Klassenbildung,
- eine deutliche Erhöhung der eigenverantwortlich einzusetzenden Ressourcen für die Lehrkräftefortbildung,
- den Abbau der zunehmenden Verrechtlichung und Bürokratisierung des Schulalltags,
- eine am Industriestandard orientierte Ausstattung der beruflichen Schulen,
- eine spürbare Verringerung der ausufernden Belastungen durch zentral gesteuerte Verwaltungs- und Datenerfassungsmaßnahmen.
09 Die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte attraktiv gestalten
Der Mangel an qualifizierten Lehrkräften ist für die beruflichen Schulen in vielen Fachrichtungen seit Jahrzehnten ein belastender Dauerzustand. Offensichtlich leidet das viele Chancen eröffnende und anspruchsvolle Lehramt an beruflichen Schulen unter den aktuell bestehenden Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen. Fast alle Lehrkräfte an beruflichen Schulen sehen zudem einen enormen Fortbildungsbedarf, um mit dem raschen technologischen und organisatorischen Wandel, z. B. der zunehmenden Digitalisierung, Schritt halten zu können.
Eine praxisgerechte und zukunftsorientierte Berufsausbildung braucht fundiert ausgebildete und entsprechend fortgebildete Lehrkräfte aller beruflichen Fachrichtungen.
Der VLB fordert
- die Stärkung bzw. den Ausbau der Fachdidaktiken,
- eine institutionalisierte Kooperation von erster und zweiter Phase der Lehrkräfteausbildung,
- eine Qualitätssicherung bei der universitären Ausbildung,
- die kontinuierliche Anpassung der Ausbildung von Lehrkräften für das Lehramt an beruflichen Schulen an die veränderten Bedingungen der Arbeits- und Berufswelt in Hinblick auf Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz,
- eine verbesserte Anleitung und Betreuung der Schul- und Betriebspraktika vor und während des Studiums,
- eine an den Praxiserfordernissen orientierte, permanente Lehrkräftefortbildung,
- eine Intensivierung der regionalen und schulinternen Lehrkräftefortbildung,
- eine verbesserte Anerkennung von Betriebspraktika und beruflichen Erfahrungen,
- eine deutliche Erhöhung der Anwärterbezüge zur Attraktivitätssteigerung,
- spezielle Anreizsysteme für Fachrichtungen mit großem Nachwuchsmangel,
- systemisch abgesicherte Ressourcen, um den hohen Fortbildungsbedarf bei Lehrkräften in der beruflichen Bildung sicherzustellen,
- die Möglichkeit, besondere Erfahrungen, Kenntnisse, Expertise und außergewöhnliche Kompetenzen zusätzlich zu honorieren.
10 Verbesserung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen
Kaum jemand verkennt, dass die Arbeit als Lehrkraft an beruflichen Schulen
in besonderem Maße Anstrengungen erfordert. Diesen stehen oft Arbeitsbedingungen
gegenüber, die als sehr belastend erlebt werden: Personalmangel,
Mehrarbeit, ständig steigender Verwaltungsaufwand, Zusatzbelastung durch
Unterrichtsverdichtung im Blockunterricht, Mehrung der Zusatzaufgaben, besondere
Belastung durch auffällige Schüler:innen, hoher Fortbildungsdruck,
aufwendige Prüfungen – um nur einige zu nennen. Der Dienstherr muss angesichts
der realen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen die gesetzlich
vorgeschriebene Fürsorge nicht länger nur als Last und Kostenfaktor sehen,
sondern vielmehr als Motivationselement begreifen. Darüber hinaus muss für
Gesundheit und Wohlbefinden unserer Kolleginnen und Kollegen erheblich
mehr gesorgt werden.
Gute Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen sind der Schlüssel zu Motivation und guten Arbeitsergebnissen. Arbeitszufriedenheit ist der Garant für gesunde Kolleginnen und Kollegen.
Der VLB fordert
- ein sinnvolles Umsetzen der Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen einschließlich Gefährdungsbeurteilung an beruflichen Schulen,
- für zusätzlich übertragene Aufgaben entsprechende zusätzliche Ressourcen,
- eine verbesserte gesellschaftliche Anerkennung der beruflichen Bildung insgesamt und der dort tätigen Lehrkräfte,
- eine angemessene Anpassung bei der Besoldung und der Altersversorgung,
- die Wiedereinführung des ursprünglichen Altersteilzeitmodells,
- ausreichend Sekretariatskräfte, um die steigenden und zunehmend anspruchsvolleren Verwaltungsaufgaben zu bewältigen,
- die Entlastung der Schulleitung insbesondere von reinen Verwaltungstätigkeiten.